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Mittlerweile sind ETFs im Zusammenhang mit Geldanlage in aller Munde. In vielen Fällen wird die Diskussion rund um dieses Thema jedoch sehr emotional und teils schon ideologisch geführt. Die einen behaupten, dass ETFs das einzig Wahre sind. Die Gegenseite hält daran fest, dass ETFs für den privaten Anleger eher weniger geeignet sind. Wie ist es nun aber in Wahrheit? Heilsbringer oder ideologischer Hype? Da ich hierzu schon viele Frage erhalten habe, arbeite ich das Thema anhand einer kleiner Blogserie auf. Oftmals wird von ETF-Fans das Argument angeführt, dass nur passives Anlegen wissenschaftlich fundiert und richtig ist. Aktives Management hingegen sei unwissenschaftlich. Woher kommt diese These und was ist dran?
Teil 4 - Ist aktives Anlegen unwissenschaftlich?
#Schon einmal etwas von Eugene F. Fama gehört?
Eugen Fama (Universität von Chicago) gilt als Vater und Verfechter der sogenannten EffizienzMarktHypothese - kurz EMH. Diese Hypothese wird vieler Orts als Grundlage für den wissenschaftlichen Beweis angeführt, dass passives Investieren den aktiven Strategien "immer" voraus ist. Für seine Forschung an diesem Thema hat Eugene Fama im Jahr 2013 sogar den Wirtschaftsnobelpreis erhalten. Viele Fans des passiven Investierens sehen den Nobelpreis als Verstärkung des Argumentes, dass passives Investieren alternativlos ist und aktive Fonds keinerlei Daseinsberechtigung haben. Hier wird es nun interessant! Neben Eugene F. Fama haben im Jahr 2013 zudem Robert Shiller (Universität Yale) und Lars P. Hansen (Universität von Chicago) den Wirtschaftsnobelpreis erhalten. Das spannende daran ist, dass Robert Shiller im Grunde die Gegenposition zu Eugene Fama vertritt. Lars Hansen positioniert sich vereinfacht gesagt zwischen den beiden Ansätzen. Die Tatsache, dass alle drei Experten im gleichen Jahr den Wirtschaftsnobelpreis erhalten haben, dürfte schon deutlich machen, dass es wissenschaftlich keine einzig wahre These geben kann.
#Was besagt die EffizienzMarktHypothese?
Als effizient gilt ein Markt dann, wenn alle verfügbaren Informationen bereits heute im aktuellen Kurs einer Aktie oder eines Wertpapiers eingepreist sind. Dies setzt voraus, dass alle Marktteilnehmer (Anleger) über die gleichen Informationen verfügen und keinerlei Informationsvorsprung vorhanden ist. Eine weitere wichtige Annahme ist zudem, dass alle Marktteilnehmer aufgrund der vorliegenden Informationen stets rational handeln. Wäre dies der Fall, wäre ein Markt effizient, weil alle verfügbaren Informationen durch rationales Handeln der Marktteilnehmer zur richtigen Preisbildung an den Börsen führt. Der Logik nach kann in einem solchen Markt niemand einen Informationsvorsprung erlangen. Eine Mehrrendite wäre weder durch fundierte Analyse und Kauf einzelner Aktien (Stockpicking) noch durch die Wahl des richtigen Ein- und Ausstiegszeitpunktes einer Aktie (Market Timing) möglich. Stellt sich nun die Frage, ob allen Marktteilnehmern tatsächlich die gleichen Informationen zur Verfügung stehen, diese richtig interpretiert werden und ob die Marktteilnehmer wirklich rational handeln?
Es gibt nichts, was so verheerend ist, wie rationales Anlageverhalten in einer irrationalen Welt
John Maynard Keyns (britischer Ökonom, 1883-1949)
Dieses Zitat bringt mich zum zweiten Nobelpreisträger:
#Was sagt Robert Shiller zur EffizienzMarktHypothese?
Shiller widerspricht Fama unter anderem darin, dass der Effekt von Emotionen und der Psychologie auf Seiten des Investors ignoriert wird. Er formuliert in diesem Zusammenhang den "Human Error", also die menschliche Fehleinschätzung, den er als Ursache für irrationales Handeln sieht. Dieses irrationale und emotionale Handeln der Menschen zeigt der Forschungszweig der Verhaltensökonomie (Behavioral Finance) auf. Handeln die Marktteilnehmer irrational, kann aus Sicht von Robert Shiller ein Markt nicht mehr vollständig effizient sein. Ein Blick auf das bekannte Verhalten von Privatanlegern zeigt schon, dass eine gewisse menschliche Irrationalität vorherrscht:
(Quelle: Deutsches Institut für Altersvorsorge)
Ein weiterer Nobelpreisträger (2017) für Wirtschaftswissenschaften ist Richard H. Thaler. Er stellt sich ebenfalls auf die Seite derer, die die EMH anzweifeln. Ein Beispiel für irrationales Verhalten an den Märkten führt er in einer Diskussion mit Eugene Fama an. Hierbei geht es um den CUBA Fund. Am 18. Dezember 2014 hat der amerikanische Präsident Barack Obama verlauten lassen, dass er Restriktionen gegenüber dem Land Kuba fallen lassen möchte. In Folge dessen hat sich der CUBA Fund wie folgt entwickelt:
(Quelle: Bloomberg)
Wie unschwer zu erkennen ist, hat der Cuba Fund am 18.12.2014 einen massiven Kursanstieg erfahren. Interessant ist hierbei, dass der CUBA Fonds überhaupt keine Aktien des Landes Kuba führt. Interessant ist zudem, dass US-Unternehmen auch bereits seit den 1960igern offiziell Geschäfte mit Kuba machen konnten. Man kann also festhalten, dass der Fonds nur aufgrund des Namens CUBA und der politischen Ankündigung des US-Präsidenten einen massiven (ungerechtfertigten) Kursanstieg zu verzeichnet hatte. Obwohl theoretisch alle Informationen für den Fonds vorgelegen hatten, haben die Anleger trotzdem irrational gehandelt. Die Informationen lagen vor, wurden aber vielleicht nicht in die Entscheidung zum Kauf mit einbezogen.
#Wer hat nun recht?
Was ist nun richtig? Bringt die Effizienzmarkthypothese den Beweis, dass passives Investieren in den breiten Markt die einzige vernünftige Entscheidung sein kann? Diese Frage kann man nur mit NEIN beantworten. Die Effizienzmarkthypothese zeigt auf, dass aktive Fonds, die sich sehr stark an einem recht effizienten Markt orientieren (wie z.B. dem MSCI World), durch Titelselektion (Stock Picking) und "rechtzeitiges" Kaufen und Verkaufen der Aktientitel (Market Timing), auf Dauer oftmals keinen großen Mehrwert erbringen (siehe Indexschmuser in Teil 3 der ETF-Blog-Reihe). Weicht der Fondsmanager jedoch bewusst vom jeweiligen Markt/Index ab, besteht natürlich eine deutlich höhere Chance, eine Mehrrendite zu erwirtschaften. Das Perfide daran ist, dass der ursprüngliche Vergleichsmarkt nicht mehr als Benchmark passt. Oftmals werden im Nachhinein dann andere Vergleichsindizes herangezogen, um wiederum die Effizienzmarkthypothese zu bestätigen. Somit erscheint die Leistung des aktiven Managements in der Nachbetrachtung ggf. als überflüssig.
Möchte man also bewusst in einen Markt investieren, der von einem Indexfonds bzw. ETF abgebildet wird, sind passive Investments durchaus eine kostengünstige Möglichkeit der Geldanlage. Man muss sich dann jedoch selbst damit auseinandersetzen, welche Märkte für einen sinnvoll erscheinen und in welcher Aufteilung. Entscheidet man sich für ein Portfolio aus mehreren ETFs (was durchaus sinnvoll ist), betreibt man bereits selbst aktives Management. Dies erfordert einen regelmäßigen Zeitaufwand, um entsprechende Informationen zu sammeln, um möglichst rationale Entscheidungen treffen zu können.
Final kann man sagen, dass es nicht die eine richtige Variante gibt. Die regelmäßigen Diskussionen der verschiedenen Nobelpreisträger in den Medien zeigen, dass es auch von wissenschaftlicher Seite nicht nur die eine Wahrheit gibt. Der entscheidende Faktor ist der Anleger selbst, der die für sich richtige Anlageentscheidung treffen muss. Es ist begrüßenswert, dass sich heutzutage mehr Menschen mit einer sinnvollen Geldanlage beschäftigen. Wer jedoch glaubt, dass es mit der Auswahl des MSCI World als weltweite Anlage getan ist, befindet sich auf dem Holzweg. Aus meiner jahrelangen Erfahrung empfehle ich auch fortgeschrittenen Anlegern, sich zumindest einen Experten als "Buddy" an die Seite zu holen, um sich regelmäßig über die persönliche Strategie auszutauschen. Ob es am Ende dann passive oder aktive Fonds werden, ist nicht "kriegsentscheidend".
#Was mache ich persönlich?
Einfache Frage und einfache Antwort: Beides!
Im nächsten Teil der ETF-Blogreihe zeige ich Euch die Grundlagen auf, wie man sich ein risikoadjustiertes und breit gefächertes Portfolio zusammenstellen kann.